12 | natur.info 2,6 Millionen Menschen mindestens üben allein in Deutschland Yoga. Das sind ungefähr doppelt so viele wie Menschen, die vegan leben*. Für viele beginnt der Yoga-Weg auf der körperlichen, eher sportlicheren Ebene. Mit all seinen Facetten von Philosophie bis Meditation ist Yoga allerdings weit mehr als nur eine gute Praxis für die körperliche Stärke und Fitness. Welche Rolle die Ernährung hierbei spielt, hat die Autorin und Yoga-Lehrerin Stephanie Schönberger recherchiert. In Interviews mit einigen bekannten deutschen Yoga-Lehrenden hat sie herausgefunden, was Essen, Yoga und Freiheit miteinander zu tun haben. Auf dem Weg in die Freiheit spielt die Ernährung eine wichtige Rol- le. Und darum achten Menschen, die ernsthaft Yoga üben, meistens sehr genau darauf, was sie zu sich nehmen. Denn das ursprüngliche Ziel von Yoga ist nicht der schönste Kopfstand, der 108. Sonnengruß oder die perfekte Kriegerhaltung, sondern: „Freiheit“, wie Dr. Pa- trick Broome, Deutschlands bekanntester Yoga-Lehrer und Yogi der Fußballnationalmannschaft, sagt. Freiheit von allem, was uns un- glücklich und krank macht, was uns aus dem Gleichgewicht bringt, unsere Gedanken unnötig beschäftigt, unsere Emotionen dauerhaft aufwühlt, uns unbeweglich macht auf körperlicher, mentaler und geistiger Ebene – was uns von dem im Yoga erstrebten Zustand „dynamischer Stille der geistigen und emotionalen Bewegungen“ abhält. Hierfür spielte Ernährung schon vor gut 3000 Jahren bei den Yogis eine wichtige Rolle. Sie wussten, dass das, was sie zu sich nehmen, Einfl uss auf ihren Gemütszustand, Gedankenstrom und ihre Gesund- heit hat. „Die Wirkung unserer Ernährung auf unseren Geist wird oft unterschätzt“, betont der Ulmer Sportmediziner und Ashtanga-Leh- rer Dr. Ronald Steiner. Bei manchen Nahrungsmitteln, wie etwa Kaf- fee oder Alkohol, sei das offenbar. „Bei anderen Nahrungsmitteln, wie Gewürzen oder Grundnahrungsmitteln, ist der Zusammenhang dagegen subtiler. Da Körper und Geist untrennbar miteinander ver- bunden sind, wirkt Nahrung immer auf beide zugleich.“ Anna Trökes, Yoga-Lehrerin seit 1974 und Autorin von mehr als 20 Fach-Publikationen „Für viele Yoga-Übende heute ist eine lakto-vegetable Ernährung empfehlenswert – am besten mit Ghee, weil es entgiftend wirkt und sich schmeichelnd um die Nerven legt. Das ist für die Atemübungen, die das Nervensystem ansprechen, wichtig.” Im Denken der Yogis ist Nahrung auch eng mit Prana verbunden. Prana – die universelle Lebensenergie – lässt sich mit dem Chi aus der Traditionellen Chinesischen Medizin vergleichen und hat große Bedeutung für den Geist: Je kräftiger und konzentrierter Prana, desto konzentrierter und klarer ist auch der Geist. Für die Qualität von Prana ist wiederum die Nahrung mitbestimmend. „Wenn ich mich nicht ausgeglichen ernähre, dann kann ich noch so lange meditieren und komme nicht zur Ruhe“, sagt Madhavi Guemos, Autorin von „Makrobiotik – In Fülle leben“, Bloggerin so- wie Yoga- und Meditationslehrerin aus Berlin. Aus diesen Gründen bevorzugen Yogis bestimmte Nahrungsmit- tel – und zwar „sattvisches“ Essen, was so viel wie „rein“ und „einfach“ bedeutet, angefüllt mit Prana. Sattvische Er- nährung sei sanft, wohlschmeckend, bekömmlich, reichhaltig, aber nicht zu viel, erklärt die Ber- linerin Anna Trökes, Buchautorin, Ayurve- da-Expertin und eine Art „Grande Dame“ des deutschen Yoga. Die international bekannte Jivamukti-Lehrerin Gabri- ela Bozic sagt, sattvische Ernährung sei für sie vollwertig, genussvoll, so frisch und naturbelassen wie mög- lich, gewaltfrei, Körper und Seele nährend, mache nicht zu müde und gebe genügend Kraft, „um un- ser Leben positiv zu gestalten“. „Hatha Yoga Pradipika“ im Mittelalter entstandene Die Schrift listet auf, welche Lebensmittel dem Yoga-Übenden dagegen nicht gut tun, ihn eher aufwühlen und unruhig machen. Neben Fleisch, Fisch oder Knoblauch sind darunter auch grüne, schwer verdauliche Gemüse, Öl oder Joghurt. „Das konterkariert natürlich manches, was man heute über Ernährung liest“, bestätigt Anna Trökes. Die Anweisungen der Hatha Yoga Pradipika seien allerdings auch für Übende bestimmt gewesen, die sich aus dem Alltagsleben genommen und sich ganz dem Praktizieren von Yoga-Haltungen, Atem- übungen und Meditation verschrieben haben. ist so ein Mensch. Er übt Dr. Ronald Steiner täglich intensiv mit dem Körper, Atem und dem Geist. An die alten Regeln hält er sich trotzdem nicht strikt. Er ernährt sich vegan, weil ihn das „sofort fl exibler und auch geistig klarer“ mache. Stephanie Schönberger (M.A.) arbeitet als Yoga-Lehrerin, Autorin (ehemals Ressortlei- tung bei JOY), Karma-Beraterin und Taxi-Fahrerin ihrer tung bei JOY), Karma-Beraterin und Taxi-Fahrerin ihrer Kinder im Allgäu. Ihr jüngstes Buch „Das Karma, meine Kinder im Allgäu. Ihr jüngstes Buch „Das Karma, meine Familie und ich. Yoga-Philosophie für einen entspann- teren Alltag“ stieg hoch in den entsprechenden Best- sellerlisten ein. * Quellen: ProVeg International spricht auf www.vebu.de von 1,3 Millionen Veganern in Deutschland 2016. Die GfK hat 2014 im Auftrag des Berufsverbandes der Yogalehrenden in Deutschland e. V. eine Studie zum Thema "Yoga in Zahlen" herausgegeben.