"Zeit kann unsere beste Freundin sein"
Coach Jonas Geißler gab Impulse zu einem neuen Umgang mit der Zeit
'Wir werden nicht pünktlich geboren und wir sterben nicht pünktlich. Wir müssen pünktlich gemacht werden.'
Time is honey – Vom klugen Umgang mit der Zeit
Vortrag von Zeitforscher & Coach Jonas Geißler
Donnerstag, 2. November 2017, 19 Uhr
im Rapunzel Casinosaal
Vortrag von Zeitforscher & Coach Jonas Geißler
Donnerstag, 2. November 2017, 19 Uhr
im Rapunzel Casinosaal
Warum unser Zeit-Erleben durch Beschleunigung und Verdichtung heute für viele eine Herausforderung ist und wie wir damit konstruktiv umgehen können, führte der Zeitforscher, Coach und Autor Jonas Geißler am 2. November 2017 bei Rapunzel Naturkost in Legau aus.
„Lebe jeden Tag ein wenig besser“ als Credo unserer Zeit
Um zu verstehen, wo wir stehen, hilft ein Blick zurück. In der Vormoderne lebten die Menschen nach der Naturzeit – sie waren abhängig von natürlichen Rhythmen und hatten wenig eigene Zeitentscheidungen zu treffen. Eine grundlegend neue Situation ergab sich mit der Entwicklung der mechanischen Uhr: Zeit wurde vertaktet – Takt als Wiederholung ohne Abweichung – und damit die Moderne eingeleitet. Das löste den Menschen aus seiner Abhängigkeit von der Natur, bescherte uns viel Wohlstand – aber auch ein strenges Reglement der Disziplinierung bis hin zu gesundheitlichen oder Umweltproblemen.
„Innovation findet nicht in 80 E-Mails statt oder in rasendem Stillstand.“
Als Beispiel für unsere Herausforderungen erläuterte Jonas Geißler das Phänomen des „rasenden Stillstands“: Alle in einem Team oder Unternehmen erledigen anfallenden Kleinkram, aber das Schiff als Ganzes bewegt sich nicht. Verleitet werden wir zu einem solchen Verhalten auch durch den neuronalen Triumph: Auf kleine, schnelle Erfolge schüttet unser Gehirn Belohnungshormone aus. Also verzetteln wir uns in Kleinigkeiten oder lassen uns von eingehenden Nachrichten ablenken und verlieren dabei den Raum für Kreativität oder Konzentration.
„Die Kraft des Lassens“
Zeit zu managen und zu ordnen kann im Einzelfall hilfreich sein. Zeitkompetenz ist aber weit mehr. Oft erleben Menschen Begrenzungen als hilfreich, denn Verzicht bedeutet Fokus. Im Beruf hilft es beispielsweise die eigene Produktivität zu steigern, wenn wir E-Mails nur dreimal am Tag abrufen. Eine Entlastung, Dinge sein zu lassen, könnte auch über eine Let-it-be-Liste gewonnen werden. Egal, welche von vielen Strategien einem nützlich sind – gemeinsam ist ihnen, Resonanzerfahrungen zu machen. Also Entfremdung zu überwinden, indem wir mit der Welt in einer Antwortbeziehung stehen.
„Es ist genauso oft 12 vor 5 wie 5 vor 12. Die Frage ist: Wo schaue ich hin?“
Eine einfache 10-Punkte-Checkliste für einen klugen Umgang mit der Zeit gebe es nicht, erklärte Jonas Geißler. Eine wesentliche Voraussetzung für einen klugen Umgang mit Zeit ist es aber, eine Zeitkultur zu fördern: „Es macht Sinn, sich Zeit für die Zeit zu nehmen.“ Die Zeit für den Vortrag, das war an der gebannten Atmosphäre im Saal zu spüren, hatten sich die Besucher gern genommen.